Die Entwaffnung von 1920
Als Ergebnis des für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieges wurde im Versailler Vertrag, am 10. Januar 1920 in Kraft getreten, im Artikel 177 des Vertrages festgelegt, das sämtliche Militärwaffen in zivilem Besitz abzugeben oder deren Besitz anzuzeigen sei. Der Deutsche Reichstag beschloss am 5. August 1920 mehrheitlich das Gesetz zur Entwaffnung der Zivilbevölkerung. Die Bevölkerung wurde aufgefordert bis zum 1. November 1920 Waffen abzuliefern.
Als Anreiz wurden Prämien (z.B. Maschinengewehr 1000 Reichsmark, Maschinenpistolen 300 Reichsmark, Gewehre 100 Reichsmark) gezahlt. Die Kaufkraftäquivalenz einer Reichsmark entspricht zu jetzt ungefähr 0,50 Euro. Bis Ende 1920 wurden 18.067 Maschinengewehre, 1.860 Maschinenpistolen, 2.201.584 Gewehre und 78.325 Pistolen und Revolver abgegeben und sofort im Beisein des Abgebenden vernichtet. Die Belohnung schuf einen Anreiz aus den staatlichen Militär- und Polizeibeständen Waffen zu stehlen, um diese Prämie zu kassieren.
Die im Entstehen befindliche Reichswehr benötigte daher dringend ein Eigentumskennzeichen, um diesen Missbrauch zu verhindern. Man entschied sich für das Gründungsjahr „1920“. Gemäß der „Stempelvorschrift für Handwaffen u. M.G. aus Anlaß der allgemeinen Entwaffnung der Bevölkerung“ vom 1. August 1920 wurden die Handwaffen mit der 3,1 Millimeter hohen Zahl „1920“ an vorgeschriebener Stelle geschlagen: Beispiel die Pistole 08 Hülsenkopf - oben, Mitte. Am 21. August 1920 wurde vom Reichsinnenminister festgelegt: „…, dass sämtliche Waffen der Sicherheitspolizei … mit 1920 gekennzeichnet werden.“ Die Einprägung „1920“ ist ein eindeutiger Herkunftsnachweis für deutsche Dienst- und Ordonnanzhandfeuerwaffen der Weimarer Republik.
Unter den Augen von vier Polizisten geben Bürger Waffen ab: In der Bildmitte hält, ein mit dem Rücken zugewandter Herr, ein Maschinengewehr 08 geschultert. Die Dame trägt ein, in ein Tuch eingehülltes, Gewehr 98. Der Herr links im Bild hält in der linken Hand eine Maschinenpistole 18, I und an der Schulter einen Karabiner 98 AZ. Fotografie einer Waffenabgabestelle ohne Ortsangabe.
Handfeuerwaffen mit der Prägung „1920“ lassen sich den Sammelgebieten „Dienstwaffen der deutschen Polizei“ und „Deutsche Ordonnanz-Waffen“ zuordnen.
Quellen:
Giersch, Andreas: Dienstwaffen der deutschen Polizei und Gendarmerie. Weimarer Republik 1919 - 1933. Singhofen 2018.
Görtz, Joachim; Wacker, Albrecht: Handbuch deutscher Waffenstempel auf Militär- und Diensthandwaffen 1871-2000. Herne 2005.
Lidschun, Reiner; Wollert. Günter: Infanteriewaffen Illustrierte Enzyklopädie der Infanteriewaffen aus aller Welt bis 1945. Berlin 1998.
Soldan, George: Zeitgeschichte in Wort und Bild. München 1932.
Foto: Ernst Heinzelmann
Dokument- und Bildarchiv Arne Becker
Gutachter und Sachverständiger für Waffen